Kindernotfälle sind ein seltener Einsatzgrund für den Rettungsdienst. Kindernotfälle, welchen eine Kindesmisshandlung vorausgeht, sind dann noch deutlich seltener und im normalen Rettungsdienstalltag kaum sichtbar. Dennoch gibt es tagtäglich eine hohe Anzahl von Kindesmisshandlungen. Neben einem direkten Kontakt durch den Rettungsdienst, wenn diese Kinder unsere Patienten sind, spielt auch die periphere Wahrnehmung im Einsatzgeschehen und am Einsatzort eine wichtige Rolle, um Kindesmisshandlungen zu erkennen.

Die Kinderschutzhotline richtet sich ausschließlich an Fachpersonal, und ist unter 08001921000 zu erreichen.


Mehrere Faktoren kennzeichnen den Verdacht auf eine Kindesmisshandlung:

Formen der Kindesmisshandlung
– körperliche Misshandlung (z.B. Schütteltrauma, nicht-akzidentelle Verletzungen)
– Vernachlässigung
– psychische Misshandlung (z.B. seelische Grausamkeit)
– sexueller Missbrauch

Schütteltrauma (Shaken-Baby-Syndrom)
– typisches Alter: im 1. Lebensjahr, meistens im Alter unter 6 Monaten
– Ursache: massives Schütteln des Kindes mit Festhalten am Brustkorb oder an den Extremitäten
– typische Symptome: Blutungen zwischen harter und weicher Hirnhaut (Subduralblutungen), diffuse Nervenzellschädigungen im Großhirn und Hirnstamm, sowie Einblutungen in die Netzhaut der Augen (retinale Blutungen)
– Wichtig: In den meisten Fällen keine äusserlich sichtbaren bzw. nur sehr minimale Verletzungen, so dass auf Grund der eingetrübten / komatösen Bewusstseinslage oft ein Krampfanfall, eine Hirnhautentzündung oder eine Vergiftung im Vordergrund stehen.

nicht akzidentelle Verletzungen (Non Accidental Injury)
– typische Gewaltformen: stumpfe Gewalt (z.B. Schlagen, Kneifen), halbscharfe Gewalt (Bisse), thermische Gewalt (Verbrühungen / Verbrennungen)

Unfall oder Misshandlung?
Um das zu unterscheiden zu können, gibt es vier Kriterien zur Einordnung.
– Lokalisation
– Formung
– Mehrzeitigkeit
– Gruppierung

Lokalisation
Sturztypische Lokalisationen sind diejenigen Körperstellen, die hervorstehen.

nicht sturztypische Lokalisation, auf Misshandlung verdächtig

Formung
Geformte Hautunterblutungen bilden den Gegenstand ab, durch den sie verursacht wurden.
Cave: Keine Entstehung durch Gegenlaufen gegen einen Gegenstand und kein Auftreten durch Schlafen auf einem Gegenstand möglich!

Mehrzeitigkeit und Gruppierung
Das Nebeneinander von unterschiedlichen alten Verletzungen, sowie die Gruppierung mehrerer Verletzungen sind ebenfalls Hinweise auf eine Misshandlung.

Durch den Deutschen Berufsverband Rettungsdienst e.V. (DBRD)und das Institut für Rechtsmedizin der Charité – Universitätsmedizin Berlin wurde ein Merkblatt, speziell für den Rettungsdienst entwickelt, welches den Umgang mit Kindern, welche eine Kindesmisshandlung erlitten haben, vereinfachen soll.
Flyer DBRD

Medizinische Kinderschutzhotline
Die „Medizinische Kinderschutzhotline“ ist ein vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gefördertes, bundesweites, kostenfreies und 24 Stunden erreichbares telefonisches Beratungsangebot für Angehörige der Heilberufe, wie Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten sowie für Pflegekräfte und Mitarbeiter der Rettungsdienste bei Verdachtsfällen von Kindesmisshandlung, Vernachlässigung und sexuellem Kindesmissbrauch.

Die Beratung umfasst unter anderem:

  • die gesetzlichen Vorgaben in Bezug auf Schweigepflicht und ärztlichem Handeln,
  • die Schritte, die in einem Kinderschutzfall eingeleitet werden können oder müssen,
  • was bei der klinischen Abklärung und Dokumentation eines Kinderschutzfalles beachtet werden muss,
  • wie Begleitpersonen auf einen Misshandlungsverdacht angesprochen werden und
  • wo es Unterstützung vor Ort gibt

Was leistet die „Medizinische Kinderschutzhotline nicht?

  • Die Kinderschutzhotline leistet keine Rechtsberatung.
  • Sie richtet sich nicht an Betroffene, Angehörige und Fachkräfte anderer Berufsgruppen.
  • Sie ergänzt die bestehenden Hilfestrukturen vor Ort, ersetzt diese aber nicht.
  • Die Verantwortlichkeit für den konkreten Kinderschutzfall bleibt beim Anrufenden.
  • Die Hotline kann nicht abschließend und eindeutig klären, ob im konkreten Fall tatsächlich eine Form von Kindesmisshandlung, Vernachlässigung oder sexuellem Kindesmissbrauch vorliegt.

www.kinderschutzhotline.de


Medizinische Kinderschutzhotline

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